Die Maschinen lernen schneller, die Welt verändert sich rasanter – und wer mithalten will, muss lernen, sich selbst neu zu erfinden. In einer Arbeitswelt, in der Künstliche Intelligenz, Automatisierung und datengetriebene Prozesse immer mehr Aufgaben übernehmen, wird Weiterbildung zur Überlebensstrategie. Upskilling – also die gezielte Erweiterung von Kompetenzen – ist längst nicht mehr Kür, sondern Pflicht. Doch es geht nicht nur um technische Skills, sondern um menschliche Fähigkeiten, die Maschinen nicht ersetzen können.
Laut dem Future of Jobs Report 2023 des World Economic Forum wird bis 2027 rund die Hälfte aller Beschäftigten neue Fähigkeiten erlernen müssen. Besonders gefragt sind Problemlösung, kritisches Denken und emotionale Intelligenz – Soft Skills, die bislang oft als „nice to have“ galten. Heute sind sie der Schlüssel zur Beschäftigungsfähigkeit. „Wer in einer automatisierten Welt erfolgreich sein will, muss menschlicher werden“, schreibt die Wirtschaftspsychologin Amy Edmondson in ihrem Buch The Fearless Organization.
Unternehmen, die früh auf Upskilling setzen, sichern sich nicht nur Fachkräfte, sondern Innovationskraft. Google, Siemens oder die Deutsche Bahn investieren Milliarden in Weiterbildungsprogramme, die technisches Know-how mit Leadership- und Kommunikationskompetenzen verbinden. Laut einer Studie von PwC (2022) steigert gezielte Weiterbildung die Produktivität um bis zu 12 Prozent und reduziert gleichzeitig Fluktuation. „Upskilling ist das neue Recruiting“, fasst PwC-Partnerin Sabine Bendiek zusammen.
Doch die Herausforderung liegt nicht nur in der Technikvermittlung, sondern im Mindset. Viele Mitarbeitende empfinden die ständige Veränderung als Überforderung. Der amerikanische Soziologe Richard Sennett warnte schon 2006 vor der „Kultur des neuen Kapitalismus“, in der Menschen flexibel, anpassungsfähig und ständig lernbereit sein müssen. Das Risiko: eine Erschöpfung durch Dauertransformation. Erfolgreiches Upskilling bedeutet daher auch, Sicherheit im Wandel zu schaffen.
Hier kommen Führungskräfte ins Spiel. In modernen Organisationen sind sie nicht mehr reine Entscheider, sondern Lernbegleiter. „Führung im digitalen Zeitalter heißt, Räume für Entwicklung zu schaffen – nicht nur Ergebnisse zu liefern“, sagt der Organisationsforscher Peter Kruse. Unternehmen, die psychologische Sicherheit fördern, schaffen die Basis, dass Lernen überhaupt gelingt. Fehlerkultur, Feedback und Vertrauen werden zu strategischen Ressourcen.
Soft Skills rücken damit ins Zentrum der Weiterbildung. Empathie, Kommunikationsfähigkeit, Resilienz und Teamkompetenz sind jene menschlichen Qualitäten, die Maschinen nicht imitieren können. Eine Studie des Institute for the Future prognostiziert, dass bis 2030 85 Prozent der Jobs, die dann existieren, heute noch gar nicht erfunden sind. Das bedeutet: Die wichtigste Fähigkeit der Zukunft ist die Fähigkeit zu lernen.
Auch Bildungseinrichtungen und Weiterbildungsanbieter müssen umdenken. Statt standardisierter Schulungen brauchen Mitarbeitende individualisierte Lernpfade. Die Lufthansa Group setzt auf KI-basierte Lernplattformen, die Kurse je nach Karriereziel und Kompetenzprofil empfehlen. Microsoft nutzt Gamification-Ansätze, um Lernmotivation zu fördern. „Die Zukunft der Weiterbildung ist personalisiert, hybrid und kontinuierlich“, schreibt das Harvard Business Review (2023).
Doch all diese Initiativen nützen wenig, wenn Unternehmen Lernen nicht in ihrer Kultur verankern. Laut einer Umfrage der Boston Consulting Group (2023) geben 60 Prozent der Beschäftigten an, dass ihnen im Alltag die Zeit für Weiterbildung fehlt. Führungskräfte, die Zeiträume für Lernen schaffen, setzen damit ein starkes Signal: Wissen ist kein Nebenprodukt, sondern Kern des Erfolgs.
Upskilling ist letztlich eine Investition in Anpassungsfähigkeit – und damit in Zukunftssicherheit. In Zeiten, in denen sich Jobprofile im Jahrestakt verändern, entscheidet nicht mehr der Abschluss über die Karriere, sondern die Bereitschaft, sich immer wieder neu zu erfinden. „Lernen ist das neue Arbeiten“, formulierte es der Trendforscher Matthias Horx. Wer aufhört zu lernen, verliert den Anschluss – wer dranbleibt, gewinnt Zukunft.