Umbauen statt abbauen: Wie internes Outplacement Unternehmen stärker macht

Wenn die Konjunktur stottert und Märkte nervös werden, reagieren viele Unternehmen wie von einem Reflex gesteuert: Sie verkleinern Teams, streichen Budgets, verabschieden Mitarbeitende. Zurück bleibt oft eine Belegschaft, die verunsichert ist – und eine Organisation, die Monate später mühsam versucht, genau jene Kompetenzen zurückzuholen, die sie zuvor entlassen hat. Ein kostspieliger Kreislauf, der sich hartnäckig hält, obwohl längst klar ist, dass die besseren Chancen nicht im Kahlschlag liegen, sondern im klugen Umbau.

„Die wichtigste Ressource eines Unternehmens ist fast immer schon da“, sagt die Organisationspsychologin Jutta Rump vom Institut für Beschäftigung und Employability. Sie beobachtet seit Jahren, wie Firmen in Krisenzeiten wertvolles Know-how verlieren, das sich nicht wieder einkaufen lässt. Erfahrung, Bindung, kulturelle Verankerung – all das verschwindet in dem Moment, in dem ein Team abgewickelt wird. Dabei sei es häufig sinnvoller, diese Menschen nicht gehen zu lassen, sondern sie für neue Aufgaben im Unternehmen zu qualifizieren und gezielt zu versetzen. Genau an dieser Stelle kommt internes Outplacement ins Spiel: Beratung, die nicht den Abschied organisiert, sondern den Übergang.

Was nüchtern klingt, ist in der Praxis ein strategischer Hebel. Mitarbeitende, die das Unternehmen kennen, verstehen Abläufe, Netzwerke und die informelle Grammatik eines Betriebs. Sie sind schneller produktiv, brauchen weniger Einarbeitung und werden seltener zu Fehlinvestitionen. Studien von McKinsey zeigen, dass Firmen mit gut ausgebauter interner Mobilität Stellen im Schnitt doppelt so schnell besetzen wie Unternehmen, die primär extern rekrutieren. Und sie sparen Kosten – nicht nur durch den Wegfall teurer Suchprozesse, sondern durch geringere Fluktuation und höhere Loyalität derjenigen, die bleiben.

Denn Loyalität entsteht nicht im Recruitingprozess, sondern im Umgang mit schwierigen Zeiten. Unternehmen, die interne Transfers professionell begleiten, senden ein klares Signal: Wir entlassen nicht leichtfertig, wir kümmern uns. „Mobilität schafft Energie, Kündigungen erzeugen Stillstand“, sagt Heike Bruch von der Universität St. Gallen, die seit Jahren zur Dynamik von Organisationen forscht. In vielen ihrer Studien zeigt sich, dass die Art, wie ein Unternehmen mit Veränderungen umgeht, unmittelbare Auswirkungen auf Motivation und Engagement hat. Wenn Beschäftigte sehen, dass Kolleginnen und Kollegen nicht aussortiert, sondern aktiv in neue Rollen begleitet werden, steigt das Vertrauen in die eigene Zukunft im Unternehmen. Die Botschaft ist eindeutig: Hier wird nicht abgebaut, hier wird gestaltet.

In der Praxis bedeutet das oft eine intensive Form der Bestandsaufnahme: Welche Kompetenzen gibt es? Welche davon lassen sich für neue Aufgaben nutzen? Wo entstehen durch Digitalisierung, neue Märkte oder interne Projekte zusätzliche Bedarfe? Externe Beratungen, die sich auf internes Outplacement spezialisiert haben, unterstützen HR-Abteilungen bei diesem Prozess. Sie führen Potenzialanalysen durch, coachen Mitarbeitende, moderieren Gespräche mit Führungskräften und entwickeln Übergangswege, die sowohl für die Betroffenen als auch für das Unternehmen funktionieren. „Die Unternehmen stehen häufig unter enormem Druck“, sagt Zukunftsforscher Matthias Horx. „Gerade dann brauchen sie Beratung, die jenseits des Rotstifts denkt.“

Es ist ein nüchterner Satz, hinter dem sich ein Paradigmenwechsel verbirgt. Lange galt in unsicheren Zeiten vor allem eines: Kosten senken, Risiko minimieren, Strukturen straffen. Doch die Lage hat sich verändert. Der Arbeitsmarkt ist leergefegt, Fachkräfte sind schwer zu finden, Technologien fordern neue Fähigkeiten, während kulturelle Kohärenz über Erfolg und Scheitern entscheidet. Die Frage ist nicht mehr nur, wie man schlanker wird, sondern wie man klüger wird. Unternehmen, die die Krise nur als Sparprogramm begreifen, geraten ins Hintertreffen. Unternehmen, die sie als Chance zur Neuorganisation und Kompetenzentwicklung nutzen, kommen gestärkt aus ihr hervor. Das belegen Untersuchungen von Deloitte, die zeigen: Firmen, die in Personalentwicklung investieren, während andere kürzen, erzielen langfristig höhere Wachstumsraten und stabilere Gewinne.

Für viele Beschäftigte ist internes Outplacement mehr als eine berufliche Neuorientierung – es ist eine Art „zweite Chance“ innerhalb des vertrauten Umfelds. Und für Unternehmen ist es die Möglichkeit, Wissen zu sichern, das sich nicht einfach externalisieren lässt. Analoge Fähigkeiten, implizites Wissen, kulturelles Verständnis – all das entsteht über Jahre und lässt sich nicht in Stellenanzeigen einkaufen. „Wettbewerbsfähigkeit besteht heute weniger darin, wer die besten Leute findet“, sagt Managementberater Reinhard K. Sprenger. „Sondern darin, wer die richtigen Menschen hält.“

Es ist ein Satz, der in der aktuellen Wirtschaftslage fast altmodisch wirkt. Aber er beschreibt präzise, was viele Unternehmen in der Pandemie, in der Energiekrise und im digitalen Strukturwandel gelernt haben: In unsicheren Zeiten wird Personalpolitik zum strategischen Kern. Internes Outplacement ist dabei kein sozialromantischer Zusatz, sondern ein Instrument unternehmerischer Weitsicht. Es stabilisiert Kultur, stärkt Vertrauen, sichert Kompetenzen – und schafft die Grundlage dafür, dass Organisationen nicht nur überleben, sondern wachsen, wenn die Krise vorüber ist.

Am Ende geht es nicht darum, ob ein Unternehmen in schlechten Zeiten Kosten reduziert. Es geht darum, wie es das tut – und welchen Weg es wählt, um für die Zukunft gerüstet zu sein. Jene Firmen, die heute investieren, statt nur zu sparen, arbeiten nicht gegen die Krise, sondern an der Zeit danach. Und sie werden diejenigen sein, die dann bereit sind, wenn andere erst wieder anfangen, Personal zu suchen.

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