Personalauswahl: Annähernd ist das neue exakt

Stellen können nicht besetzt werden und bleiben leer.  Firmen und Organisationen konkurrieren mit aller Kraft um qualifizierte Mitarbeiter. Unternehmen beklagen massive Probleme bei der Personalgewinnung – und schreiben gleichzeitig Positionen für unrealistische Superhelden aus: Auslandserfahrung, hohe Belastbarkeit, Flexibilität, Mobilität, ein überdurchschnittliches Studium und selbstverständlich ausgeprägte Fachkenntnisse in allen Bereichen sind da dann die Mindestvoraussetzungen. Bis man den geeigneten Kandidaten endlich gefunden hat, bleibt nur wenig zielführendes Recruiting und Abwarten übrig. Und das kann dauern. Aber: Ist es wirklich sinnvoll, im Zweifel Monate auf den vermeintlich perfekten Bewerber zu warten?

 

Die Kosten eines nicht vorhandenen Mitarbeiters

 

Ein Punkt, den Unternehmen bei ihrer Stellensuche häufig zu  vergessen scheinen: Der offensichtlich vorhandene Arbeitsvorrat will trotzdem erledigt werden. Also ist diese Arbeit zunächst von anderen Mitarbeitern aufzufangen. Welche Folgen die entsprechende Mehrbelastung über einen längeren Zeitraum nach sich ziehen kann, dürfte wohl jedem klar sein… Zum anderen werden potenzielle Umsätze im Zweifel gar nicht realisiert. Ein nicht vorhandener Vertriebler kann schließlich auch nichts verkaufen, selbst wenn die Nachfrage groß ist.

 

Was zählt wirklich?

 

Am Ende entscheiden meist einzelne Kriterien über das Aus für den Bewerber (er kann diese leider nicht oder hat da nicht die gewünschte Erfahrung). Ob eine entsprechende Entscheidung dann wirklich richtig ist, sollte allerdings besser zweimal hinterfragt werden. Ist es wirklich klug,  eine hervorragend in das Unternehmen passende Type aufgrund fehlender Fachkenntnisse abzusagen? Wäre nicht vielmehr die Frage angebracht, ob die Defizite sich durch Schulungen ausgleichen lassen?  Lohnt es sich nicht auch, für einen ansonsten ausgezeichneten Bewerber, die Stelle anzupassen? Sind es nicht eher „weiche“ Faktoren wie Motivation und Persönlichkeit, die langfristig darüber entscheiden, ob jemand gute Arbeit leistet?

 

Die Illusion, Bewerber durchleuchten zu können

 

Überdies hat sich wohl auch jeder Personaler einzugestehen, dass der perfekte Kandidat gar nicht sicher erkannt werden kann. Nicht die Bewerbungsunterlagen, nicht das Bewerbungsgespräch und auch kein umfangreiches Assessment-Center können valide vorhersagen, wie erfolgreich jemand später eine bestimmte Stelle ausfüllen wird oder ins Team passt. Eine gewisse Unsicherheit bei Personalauswahlentscheidungen wird es immer geben, sie liegen in der Natur der Sache. Wer gute Leute einstellen will, kommt also um etwas Risikobereitschaft nicht herum. Das ist das Wesen des Unternehmertums – auf den perfekten Bewerber zu warten und insofern nichts zu unternehmen, wäre schlicht das Gegenteil. Entscheider, seit mutig!

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