Ein Plädoyer gegen Gruppenarbeit

Der Kerngedanke klingt ja einleuchtend: Die einzelnen Mitarbeiter verzahnen sich mit ihren unterschiedlichen Erfahrungen und Kompetenzen  und potenzieren im Team ihre Leistung. Dieser Idee folgen Unternehmen seit langem. Keine aktuelle Stellenanzeige, die nicht„Teamfähigkeit“ verlangt – offensichtlich eine Grundvoraussetzung, um auf dem Arbeitsmarkt bestehen zu können. Da frage ich mich: Will ich das eigentlich? Dass Teamarbeit der Status Quo ist, an dem meine Eignung gemessen wird?

 

Angefangen bei der Frustration, die man erlebt, wenn man sich für ein Projekt reinhängt, die Kollegen sich aber hängen lassen. Besonders schlimm ist es, wenn ich das Gefühl habe, dass meine Einzelleistung dann nicht einmal richtig gesehen wird, sondern am Ende wieder nur die Gruppenleistung zählt. Schließlich sollen wir uns ja gegenseitig motivieren… Nein, bevor ich mich ausnutzen lasse, schraube ich meine Anstrengung lieber auch herunter. Nicht umsonst heißt TEAM ja auch: Toll Ein Anderer Macht‘s.

 

Und dann gibt es da noch diese Hahnenkämpfe: Wenn ich sehe, wie um Belanglosigkeiten gestritten wird, bei denen es eigentlich nur darum geht, wer sich am Ende durchsetzt und wer klein beigeben muss, stellt sich für mich die Frage, ob ich alleine nicht schon längst viel weiter wäre. Kosten diese ganzen Absprachen und die endlosen Diskussionen um Entscheidungen nicht viel zu viel Zeit, als dass sich Teamarbeit rentiert? Fragt da eigentlich noch jemand nach Effizienz? Wissensarbeit definiert sich doch schließlich nicht durch Quantitäten (ergo Teamgrößen), sondern durch Ergebnisse!

 

Darüber hinaus gibt es noch einen Punkt, der mir besonders Sorgen macht:  Was ist mit uns Introvertierten, die es anstrengend finden, den ganzen Tag im Team zu arbeiten? Ich brauche einen Rückzugsort, um nicht am Feierabend völlig entkräftet zu sein. Außerdem glaube ich nicht, dass ich meine Höchstleistungen im Team abrufen kann.  Archimedes saß schließlich auch alleine in der Badewanne, als er das Prinzip des Auftriebs erkannte.

 

Okay, ganz so schwarzmalerisch wie hier dargestellt ist Teamarbeit vielleicht nicht: Sicher ist es ein Vorteil, Aufgaben nach Kompetenzen aufzuteilen und über bestimmte Dinge im Team zu diskutieren, um so zu einer bestmöglichen Lösung zu kommen und nicht einfach die Erstbeste zu wählen. Sicherlich lerne ich auch viel von den Erfahrungen der anderen, wenn ich mit ihnen im Team arbeite. Ehrlicherweise muss ich zudem zugeben, dass auch ich nicht den ganzen Tag alleine hinter meinem Schreibtisch sitzen mag.

 

Es geht mir nicht darum,  Teamarbeit wieder abzuschaffen, sondern lediglich darum, Teamarbeit nicht als bedingungsloses Nonplusultra zu verklären. Ich möchte nicht für Einzelarbeit im Sinne einer Entweder-Oder-Entscheidung plädieren. Vielmehr halte ich eine Sowohl-als-auch-Lösung für am Sinnvollsten. Lasst uns die Vorteile der Teamarbeit nutzen, aber gebt uns einen Rückzugsraum. Und an die Adresse der Chefs und alle Teamleiter: Bitte sorgt für Strukturen, in denen auch Einzelleistungen sichtbar werden können; bitte sorgt dafür, dass nicht auf Belanglosigkeiten herumgehackt wird und das notfalls jemand den Arsch in der Hose hat, Entscheidungen zu treffen. Wir wollen schließlich Resultate!

 

 

Themen: Karriere, Menschen, Personalwirtschaft