Das Experiment Weihnachtsgeschenk

Weihnachten ist Geschenkezeit. Auch in Unternehmen. Super! Die Chefs haben das Problem, etwas auszusuchen – und die Mitarbeiter, sich darüber zu freuen. Ich hatte mal einen Vorgesetzten, der als Nikolaus verkleidet daherkam und zu jedem ein paar passende Worte sagte. Lob kam ganz direkt und Kritik war in lustigen Sprüchen versteckt. Was blieb uns anderes übrig, als es mit Humor zu nehmen. Allen war es peinlich. Vor dem nächsten Weihnachtsfest habe ich das Unternehmen gewechselt. Vielleicht nicht unbedingt deshalb, aber ich war froh, dort keine Bescherung mehr erleben zu müssen.

Eigentlich hatte ich mir seitdem vorgenommen, bei zukünftigen Bewerbungsgesprächen auch zu fragen, welche Weihnachtsgeschenke üblich sind. Doch das hatte ich natürlich vergessen. So stieg im Laufe des Dezembers meine Nervosität beim neuen Arbeitgeber. Bis eine Woche vor Weihnachten ein großer Sack aufgestellt wurde, der mit allem möglichen Kram gefüllt war. Jeder Mitarbeiter durfte eine Zahl ziehen und in der entsprechenden Reihenfolge etwas aus dem Sack herausholen. Glücklicherweise konnte ich mein chinesisches Glockenspiel gegen ein Teeset eintauschen. Ein Super-Ergebnis von dieser Art Beschenkung waren die ersten Wochen im neuen Jahr mit den witzigsten Kollegensprüchen, die man sich so vorstellen kann…
Dreimal habe ich das mitgemacht, dann gab es plötzlich eine neue Form. Ich kann es nicht beweisen, aber ich glaube, das war die Idee eines Unternehmensberaters. Kurz vor Weihnachten stand eine große Tafel in der Ceféteria. Wir wurde aufgefordert, uns ein gemeinschaftliches Geschenk zu wünschen. Was für unsere Vorgesetzten wahrscheinlich der Ansatz einer Teamstärkung war, wurde für uns zur fiesen Falle. Wir hatten plötzlich ein neues Projekt. Das schwierige daran: Wir mussten uns einigen, niemand war da, der letztlich für uns entschied. Nach dieser Erfahrung wünschten wir uns einen Kaffeautomaten und strichen dafür den gemeinschaftlichen Ausflug in den Kletterpark.
Der Versuch wurde nie wiederholt und in den folgenden Jahren gab es wechselhaft originelle Geschenke vom Chef: Einen Zauberstab, der Fernsehprogramme magisch wechselt; einen iPod shuffle; Touchscreen-Handschuhe, mit denen man auch im tiefsten Winter noch das iPhone bedienen kann. Ein letzter verzweifelter Versuch der Teambildung per Weihnachtsgeschenk war ein T-Shirt, das statt des üblichen Bildes oder Firmenlogos ein  spielbares Keyboard zierte. Andere bekamen Guitarren und Schlagzeuge. Vielleicht wünschten sich unsere Chefs insgeheim ein Betriebsorchester. Doch nach drei Tagen Verhaltensmuster „Kindergartenkind mit Trommel“ untersagten sie die Benutzung der Weihnachtsgeschenke während der Arbeitszeit.
Einmal habe ich den Job seitdem noch gewechselt. Jetzt bin ich bei einem Inhaber geführten Mittelständler. Und ich hab´s getan: Auf meine eher verschämt im Bewerbungsgespräch gestellte Frage nach den üblichen Weihnachtsgeschenken, sagte der Geschäftsführer simpel: „Wissen Sie, bei uns ist das ganz einfach: Wenn Sie einen guten Job machen, sage ich Ihnen das; wenn Sie einen schlechten Job machen, sage ich Ihnen das auch – und zu Weihnachten bekommen alle eine Vignette, damit sie ein Jahr lang kostenlos parken können.“
Das gefällt mir. Auch deshalb habe ich seitdem nie wieder den Job gewechselt.
Frohe Weihnachten! Ihr Tom
P.S.: Schreiben Sie mir doch, welche Erfahrungen Sie mit betrieblichen Weihnachtsgeschenken gemacht haben.
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