Mut zum Home Office

In den Niederlanden wurde vor einigen Wochen das Recht auf Home Office im Gesetz verankert. In Deutschland wird Home Office von vielen Unternehmen indes immer noch zwiespältig diskutiert. Wer hat denn nun was von einer Home Office-Lösung und welche Aussagen gibt es eigentlich von der Wissenschaft dazu? Um diese Fragen geht es im folgenden Artikel.

 

Was haben Arbeitnehmer davon?

 

Die Vorteile von Home Office für den Mitarbeiter liegen auf der Hand. Die lästigen Fahrtwege bleiben erspart.; auf den Monat gerechnet ist das schon eine ganze Menge gewonnener Lebenszeit. Wenn man dazu noch das ersparte Benzin berücksichtigt… Außerdem können Mitarbeiter ihren Tag von zu Hause aus viel selbstständiger strukturieren. Mittags dem Sohnemann bei den Hausaufgaben helfen? Kein Problem! Eine flexiblere Variante zur Vereinbarung von Beruf und Familie gibt es wohl kaum. Was man zudem nicht vergessen sollte, ist die Bequemlichkeit: Zu Hause kann ich mich auch mal im Schlafanzug und mit zerzaustem Haar an den Schreibtisch setzen, ohne dass ich dafür schräg angeschaut werde.

 

Warum bieten nur 50% der Unternehmen Home Office an?

 

Immerhin, etwa die Hälfte der Top-1000-Unternehmen in Deutschland bietet ihren Mitarbeitern bereits die Option Home Office an. Viele Arbeitgeber sehen das Thema jedoch nach wie vor kritisch: Wenn Gelegenheit Diebe macht, macht Home Office dann nicht auch Faulenzer? Wie kann sichergestellt werden, dass jener Mitarbeiter, der seinem Sohn bei den Hausaufgaben hilft, die dafür investierte Zeit am Ende des Tages wieder ranhängt? Wie soll Teamarbeit funktionieren? Fehlt nicht der so wichtige Informationsaustausch, wenn man sich nicht einmal mehr auf dem Flur oder in der Kaffeeküche über dem Weg läuft?

 

Paranoia oder gerechtfertigte Bedenken?

 

Anstatt sich nun aufgrund eigener Spekulationen klar für oder gegen Home Office auszusprechen, sollten Unternehmen sich beispielweise die Studienergebnisse der Standford-Universität vor Augen halten. Es geht dort um die Frage, ob Mitarbeiter im Home Office tatsächlich weniger produktiv sind. Die Ergebnisse zeigen das Gegenteil: Mitarbeiter, die von zu Hause aus arbeiten, sind nämlich tendenziell sogar produktiver. Zunächst wurden 249 Mitarbeiter (von insgesamt rd. 16.000) des Reiseportals Ctrip zufällig in zwei Gruppen aufgeteilt. Die erste Gruppe ging ganz normal jeden Tag ins Büro, die zweite Gruppe hingegen sollte nun nur noch einmal in der Woche ins Büro kommen und die restlichen vier Tage von zu Hause aus arbeiten. Die Produktivität der Home Office-Gruppe stieg um 13%! Die Gründe: Teilnehmer dieser Gruppe machten weniger Pausen, meldeten sich seltener krank und konnten sich besser konzentrieren. Aufgrund dieser Erfolge bietete Ctrip nun allen Mitarbeitern an, von zu Hause aus zu arbeiten. Die Produktivität der Home Office-Mitarbeiter stieg damit schließlich um sage und schreibe 22%. Wie ist der weitere Anstieg zu erklären? Jene Mitarbeiter, die sich zutrauen, von zu Hause aus konzentriert arbeiten zu können, entscheiden sich fürs Home Office. Die Mitarbeiter aber, die von sich genau wissen, dass sie zwischen Kindern, Fernseher und sonstigen Ablenkungsmöglichkeiten nicht produktiv sein würden, entschieden sich weiterhin fürs Büro.

 

Fazit

 

Natürlich sind die existierenden Ängste nicht vollkommen aus der Luft gegriffen. Wenn Mitarbeiter sich kaum sehen, werden Informationen dann schlechter ausgetauscht? Fehlt den Mitarbeitern nicht der kollegiale Umgang? Passiert es dann nicht vielleicht doch, dass Mitarbeiter sich zu Hause nicht motivieren können? Unsere Empfehlung ist dennoch, der in der Studie geschilderten Selbstselektion Vertrauen zu schenken. Der einzelne Mitarbeiter wird im Zweifel schließlich am besten wissen, inwieweit er seine Arbeit von zu Hause aus ausführen kann – abgesehen davon, daß er üblicherweise auch an guten Leistungen interessiert ist. Schließlich geht es ja letztendlich darum, Ergebnisse vorzeigen zu können. Überdies raten wir Unternehmen Folgendes: Statt sich Sorgen zu machen, dass es nicht funktioniert, lieber einmal mehr darüber nachdenken, welche Bedingungen für einen Erfolg erforderlich sind. Mit klaren Absprachen und einer sowohl-als-auch statt einer ganz-oder-gar-nicht-Lösung können Unternehmen Home Office ja schließlich auch vorsichtig testen, bevor sie anfangen, sämtliche Büroräume abzuschaffen.

 

Aus unserer täglichen Praxis wissen wir, dass gut qualifizierte Kandidaten die Option einer Home Office-Lösung erwarten. Unternehmen, die also auch weiterhin Top-Kandidaten rekrutieren möchten, kommen um ein entsprechendes Angebot also nicht (mehr) herum!

 

Bloom, N., Liang, J., Roberts, J. & Ying, Z.J. (2015). DOES WORKING FROM HOME WORK? EVIDENCE FROM A CHINESE EXPERIMENT. QUARTERLY JOURNAL OF ECONOMICS, 3, 165-218.

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